Digitalisierung Bauwirtschaft 2021

Neues Jahr, neues Glück? Was in diesem Jahr auf die Bauwirtschaft zukommen wird und welche Themen Sie unbedingt auf der Agenda haben sollten.

2021! Das Jahr heißt Sie herzlich willkommen mit (wie soll es auch anders sein) Strategie-Runden, Planungs-Sessions, endlosen Excel-Tapeten und Meeting-Marathons zur richtigen Ausrichtung im neuen Jahr. Worauf wird dieses Jahr der Fokus gelegt, welche Projekte sind wirklich relevant? Das sind komplexe Fragen. Vor allem mit Blick auf 2020, ein Jahr voller Umwälzungen, die sich auf Unternehmen in allen Branchen ausgewirkt haben und die Planungsunsicherheit haben größer werden lassen. 

Dennoch haben sich in den vielen Gesprächen, die ich im letzten Jahr mit Herstellern der Bauwirtschaft geführt habe, Entwicklungen und Trends herauskristallisiert, die Sie für Ihre Marketing-Strategie 2021 definitiv auf dem Schirm haben sollten. Also, Notepad gezückt, Kaffee aufgesetzt und viel Spaß beim Lesen: 

 

Abos gibt es nicht nur bei Netflix

Unser Besuch des Silicon Valley Start-Ups Katerra hat mich in vielerlei Hinsicht beeindruckt: Das rasante Wachstum, die Qualität der Mitarbeiter, die konsequente Nutzung von Daten oder die Tech-getriebene Ausrichtung des Unternehmens. Doch eine Sache ist besonders nachhaltig in Erinnerung geblieben – und zwar die Art und Weise, wie Katerra auf sein eigenes Geschäftsmodell blickt. Das Ziel ist nach eigener Aussage eindeutig: weg von Transaktionen und stattdessen hin zu wiederkehrenden Umsatzmodellen wie Abonnements zu gelangen.

Das Coronavirus hat gezeigt, wie richtig diese Strategie ist. Denn bei vielen Unternehmen, die stark transaktionsorientiert sind, schwinden mit sinkender Nachfrage auch sofort die Einnahmen. Wiederkehrende Umsatzmodelle hingegen sind resilienter gegenüber Krisensituationen und bieten eine höhere Planungssicherheit. Es hat einen guten Grund, warum die Kapitalmärkte einen Euro an wiederkehrenden Umsätzen etwa viermal so hoch bewerten wie einen Euro an einmaligen Umsätzen. 

Aber zurück zu Katerra – wie werden wiederkehrende Umsatzmodelle in der Praxis implementiert. Von Katerra realisierte Bauvorhaben enden keineswegs mit der Montage. Die Gebäude werden mit Sensoren ausgestattet, die den Zustand des Hauses überwachen. Die von den Sensoren gesammelten Daten fließen bei Katerra zusammen und erlauben ein smartes Management der Gebäude im Betrieb (siehe folgende Grafik). 

Genau diese Vernetzung bietet Katerra die Möglichkeit, neben der Transaktionsgebühr für den Bau des Gebäudes eine zweite und wiederkehrende Ertragsquelle zu erschließen, ein Service-Modell für die Wartung und das Management des Gebäudes. 

Ähnliche Initiativen finden sich auch auf dem hiesigen Markt. Beispielsweise haben die KIWI.KI GmbH und die Arbonia gemeinsam eine SmartDOOR entwickelt. Eine Wohnungseingangstür, die durch Integration der KIWI Sensortechnik vollständig digital und ohne Schlüssel gesteuert werden kann. Per Smartphone App oder Transponder können die Türen einfach schlüssellos geöffnet werden. Diese technologische Basis kann genutzt werden, um beispielsweise Wohnungsbaugesellschaften oder anderen gewerblichen Betreibern eine Verwaltungsplattform anzubieten – also neue und digitale Geschäftsmodelle zu erschließen. Auch Thermondo hat die Zeichen der Zeit erkannt und bietet mit Thermondo 365 eine neue Heizung mit Vollkasko zur Miete an. 

Hersteller sollten ihr Umsatzmodelle also sehr genau unter die Lupe nehmen und das Jahr 2021 als Anlass verstehen, wiederkehrende Umsatzmodelle in der Ertragsstrategie zu verankern.

 

Von B2B zu B2B2C – oder: der Endkunde gehört in die Marketing-Strategie

Marc Benioff, CEO und Chairman von Salesforce, bringt es auf den Punkt: „Wir sehen, dass jedes B2B-Unternehmen zu einem B2B2C-Unternehmen wird.“ Die Grenzen zwischen B2B- und B2C-verschmimmen also zu einem konvergenten B2B2C-Modell.

Aber einen Schritt zurück. Was bedeutet B2B und B2B2C für Hersteller der Bauwirtschaft? Gemeint ist die Erweiterung der Zielgruppe. Während im B2B-Modell vor allem der Großhandel und der Verarbeiter im Marketing-Fokus stehen, ist im B2B2C-Modell der Endkunde ebenso relevant. Und die Einbindung von Endkunden ist eine Chance, die Hersteller weder ignorieren noch allein dem Handel oder dem Verarbeiter überlassen können. 

Dieser Paradigmenwechsel ist getrieben durch das sich ändernde Verhalten des Endkunden. Anstatt sich in Geschäften oder Showrooms über Produkte zu informieren, klickt sich der Kunde heute online durch den virtuellen Markt auf der Suche nach den passenden Angeboten – und das gilt in Zeiten von Lockdowns und anderen Beschränkungen mehr denn je. Laut dem in 2020 veröffentlichten Digitalisierungsbarometer von wirsindhandwerk, für das unter anderem 1.008 Online-Interviews mit Besitzern von Wohneigentum durchgeführt wurden, beginnen 57 % der Immobilienbesitzer ihre Suche nach Handwerkerleistungen im Internet. Im weiteren Verlauf der Suche nutzen sogar 80 % der Befragten das Internet, nachdem zunächst Freunde, Bekannte oder Nachbarn konsultiert wurden. Darunter holen sich einige ihre Inspiration auf sozialen Plattformen, wie Pinterest, Facebook und Co. Andere hingegen gehen den direkten Weg über die Webseite des Herstellers oder des Fachpartners. Und wieder andere nutzen Vermittlungsplattformen zur Gewinnung von relevanten Informationen. Zudem wird online konfiguriert, kalkuliert, geplant und bewertet. Intelligente Tools verlagern einen Großteil der Customer Journey in die digitale Welt. 

Was passiert, wenn das Online-Spielfeld digitalen Playern überlassen wird, zeigt ein Blick die SHK-Branche. Reuter.de bringt es mittlerweile auf einen Gesamtumsatz von 200 Millionen Euro. Thermondo schafft ganze 20 Millionen und auch easy Heizung, Kesselheld und banovo sichern sich ihren Teil des Marktes. Insgesamt wächst der digitale SHK-Markt deutlich stärker als der klassische dreistufige Vertrieb. Als Hersteller kann man sich zwar bei den genannten digitalen Playern listen lassen, aber damit wird eine gefährliche Abhängigkeit eingegangen. Viel sinnvoller ist es, jetzt die Chancen, die die Digitalisierung Herstellern eröffnet, zu erkennen. So besteht zum Beispiel die Möglichkeit, Endkunden auf direktem Wege anzusprechen. Eine Option, an die in analogen Zeiten gar nicht zu denken war.

Für Hersteller ist es also entscheidend, den Kontakt mit dem Verbraucher unabhängig von den mehrstufigen Strukturen „herzustellen“ und den Endkunden anschließend an geeignete Informationspunkte weiterzuleiten. Gefragt ist also die neue Ausbalancierung zwischen Marketing an Handel und Verarbeiter auf der einen Seite und an Endkunden auf der anderen Seite. Zudem müssen Messaging und Contents so entwickelt werden, dass alle genannten Zielgruppen angesprochen werden. 

Damit einhergehend ist es auch essenziell, die Customer Journey des Endkunden genau zu verstehen. Wo bewegt sich der Kunde, welche Informationspunkte sind wirklich relevant und an welchen Stellen müssen Hersteller mit welchen Inhalten präsent sein, um Ihre Marke effektiv zum Endverbraucher zu transportieren. Diese Fragen müssen zwingend beantwortet werden, bevor der Marketing Roll-out erfolgt. 

 

Ihre Verarbeiter müssen digitalisiert werden – endlich

Notfallhilfen, Bonusprogramme, Akademien, Seminare – das sind nur einige der Maßnahmen, die Hersteller unternehmen, um Verarbeiter zu unterstützen und Ihre Loyalität zu gewinnen. Die Gemeinsamkeit dieser Maßnahmen: Ein Großteil hat mit der analogen Welt zu tun. Unter der oben genannten Prämisse des digitalen Kunden ist das eine Verzerrung, die nicht gut sein kann. Ebenso wichtig ist die Unterstützung der Verarbeiter in Sachen Digitalisierung. So zeigt die bereits erwähnte Digital-Studie von wirsindhandwerk beispielsweise, dass die Webseite des Verarbeiters die wichtigste Informationsquelle für Immobilienbesitzer bei Ihrer Online-Recherche ist. Im Kontrast dazu steht eine von Vernetzt Digital durchgeführte Analyse von über 90.000 Verarbeiter Seiten: SEO? Fehlanzeige! Responsivität? Fehlanzeige! Google My Business Account? Fehlanzeige! Aktuelle Hersteller-Inhalte? Fehlanzeige! Die Liste lässt sich beliebig weiterführen, aber das möchte ich Ihnen gerne ersparen. 

Aber keinesfalls hört es bei der Webseite auf. So bietet die GC-Gruppe mit Ihrer DIGITALBOX diverse Tools an, um den Verarbeiter fit zu machen. Zum Angebot zählen Budgetplaner, 3D-Badplaner, Kommunikationslösungen und Schnittstellen zur Verknüpfung der Applikationen. Ein anderes Beispiel liefern Craftnote, die eine digitale Bauakte für Handwerker anbieten. Zum Portfolio gehören digitale Formulare, eine Projekt- und Ordnerstruktur oder eine Chat-Funktion. 

Das Angebot an digitalen Lösungen ist groß und wächst stetig. Entsprechend unübersichtlich ist der Markt. Hersteller können als Aggregatoren auftreten, die vorhandenen Lösungen kuratieren und an ihre Verarbeiter weitergeben. Für die Vermarktung des Angebotes können die etablierten Vertriebsstrukturen genutzt oder dedizierte Ressourcen, z.B. in Form von Digital Coaches, aufgebaut werden. Egal welchen Weg der Vermarktung Sie wählen, wichtig ist es, dieses Projekt als strategisches Investment zu betrachten. Der erfolgreiche Roll-out benötigt Zeit und einen entsprechendes finanzielles Commitment. Aber langfristig gilt: Hersteller mit einer digitalisierten Fachschiene sichern ihr Absatzpotential und erzeugen einen Pull-Effekt, denn ihre Verarbeiter sind und bleiben die wichtigsten Markenbotschafter, die sie haben. 


Das waren unsere drei Trends für Ihre Marketing-Strategie im Jahr 2021. Welche Themen beschäftigen Sie dieses Jahr? Teilen Sie gerne Ihre Erfahrungen in einem Kommentar. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen. 

Zurück
Neuen Kommentar schreiben