Plädoyer für Produkt-Konfiguratoren

Der Kunde schreit förmlich danach, doch offensichtlich sind Angebot und Nachfrage nicht deckungsgleich. Ein Fehler, denn digitale Produkt-Konfiguratoren sollten längst zur Grundausstattung gehören.

Ein „ewiges Ärgernis“. So bezeichnet man landläufig Missstände, die bereits seit ellenlanger Zeit bekannt sind, für die aber eine probate Lösung dennoch so fern ist. Banale Herausforderungen, denen man doch eigentlich längst hätte habhaft werden können. „Hätte“ wohlgemerkt.

Bestes Beispiel in der digitalen Welt des Baunebengewerbes für ein solch ewiges Ärgernis ist der offensichtliche Mangel an adäquaten Produkt-Konfiguratoren. In aller Kürze: Mit Konfiguratoren kann der Nutzer die angebotenen Produktattribute – beispielsweise Farben, Material oder Größe – kombinieren und auf diesem Weg einen Eindruck über Funktionalität und Nutzen des Produktes gewinnen. Dies ist also schlicht ein Aus- und Anprobieren, so wie man es auch von handhabbaren Gütern kennt. Damit wäre dies einer der wichtigsten Schritte für eine schlüssige Customer Journey in sowohl B2B- als auch B2C-Prozessen. Denn immer mehr individuelle Produkte sind gefragt und über den Konfigurator gelangt ein Kunde interaktiv zu seinem individuellen Wunschprodukt. Ist die Konfiguration abgeschlossen, besteht in vielen Fällen die Möglichkeit, das konfigurierte Produkt direkt zu bestellen oder einem Fachhändler der Wahl vorzulegen. In der Automobilindustrie ist das bereits gelebte Praxis, über zwei Drittel der Kunden erscheinen mit einer fertigen Konfiguration beim Händler.

Der Konfigurator wäre also ein optimales Tool, um auch den Vertrieb im Baunebengewerbe zu unterstützen. Soweit die Theorie.

Die Praxis jedoch sieht völlig anders aus. Vernetzt Digital hat eine Studie unter Zulieferern im Baunebengewerbe realisiert – und ganz oben auf der Digital-Wunschliste der befragten Industriebetriebe stehen Produkt-Konfiguratoren. Mehr als die Hälfte der Befragten wünscht sich demnach erst Konfiguratoren, hat sie aber noch nicht implementiert. Das verwundert, denn der Nutzen eines Konfigurators ist auch in der Detailansicht klar zu benennen.

Denn Unternehmen können mit Konfiguratoren kundenspezifischen Produktbedürfnissen eindeutig entsprechen. Diese kann der Kunde eigenständig auswählen und in unzähligen Attributen und deren Ausprägungen individuell kombinieren. Es besteht zudem die Möglichkeit für den Kunden, sich mit seinem Produkt von anderen Kunden zu differenzieren und die eigenen Präferenzen während des Konfigurationsprozesses zu stabilisieren. Auf Anbieterseite spiegelt sich eine Produktindividualisierung und die damit einhergehende Differenzierung in einer erhöhten Zufriedenheit und Zahlungsbereitschaft für das Produkt wider, anbietende Unternehmen können ihre Margen verbessern. Gerade im B2B-Prozess kann ein Konfigurator durch die verschiedenen Einstellungsoptionen und die vielfältige Auswahl eine automatisierte Machbarkeitsprüfung für den Ausschluss von Produktfehlern anbieten und somit den Kunden in seiner Entscheidungsfindung individuell unterstützen. Die Fehlerquote wird also reduziert.

Im Verkaufsgespräch können Konfiguratoren zudem als effektive digitale Verkaufsberater eingesetzt werden, in dem Produkte visualisiert und erlebbar gemacht werden. Dies führt gleichzeitig auch dazu, dass Fachhändler und Verarbeiter eine geringere Variantenvielfalt in ihren Verkaufsräumen vorhalten müssen und dadurch neue Möglichkeiten der Showroom-Gestaltung haben. 

Auch das Kundenverhalten können Anbieter in einem Konfigurator online leicht erfassen. Einerseits zeigen Klickdaten, wie der Kunde sich durch die Optionen im Konfigurator navigiert und seine Produkte zusammenstellt. Andererseits offenbaren gespeicherte Konfigurationen, wie das Wunschprodukt verschiedener Kunden aussieht und wie sich dieses von der ersten Zusammenstellung bis hin zur finalen Bestellung verändert und entwickelt. Die daraus resultierenden Daten geben einen tiefen Einblick in die Präfenrenzen des Kunden und lassen Rückschlüsse für strategische Preis- und Produktentscheidungen zu.

Und gerade im Baunebengewerbe lassen sich durch Produkt-Konfiguratoren ganz spezifische Vorteile herausarbeiten. Denn die angebotenen Waren weisen hier eine „ideale“ Produktkomplexität auf. Das heißt die Variantenvielfalt macht die Konfiguration von Produkten einerseits lohnend, ist aber andererseits gleichzeitig nicht zu hoch, sodass der Nutzer nicht überfordert wird. 

Im mehrstufigen Vertriebsweg des Baunebengewerbes bewegt sich der Endkunde über die einzelnen Vertriebsstufen hinweg. Beispielsweise könnte eine Customer-Journey auf dem Portal des Herstellers beginnen, über die Fachpartner-Suche auf einer Verarbeiter-Website weitergehen und im Showroom des Fachhändlers enden. Aktuell sind diese Journeys jedoch häufig von Brüchen geprägt, der Kunde wird nicht konsequent durch die Vertriebsstufen geführt. Konfiguratoren können aber ihren Beitrag leisten, um dies zu ändern: Nehmen wir an, ein Kunde „bastelt“ sich sein Wunschprodukt auf dem Portal des Herstellers zusammen. Auf Basis dieser Wunschkonfiguration werden ihm passende Verarbeiter angezeigt. Über eine Weiterleitung gelangt der Kunde auf die Website einer dieser Verarbeiter. Dort findet er denselben Konfigurator vor wie auf dem Herstellerportal. Auch sein derart individualisiertes Produkt wird ihm im Konfigurator auf der Website des Verarbeiters angezeigt. Passend zu diesem Produkt kann er dann seine Konfiguration verfeinern, sich ein verbindliches Angebot vom Verarbeiter einholen oder online einen Beratungstermin bei einem Fachhändler in der Nähe suchen, der die entsprechenden Teile vorrätig hat.

Dieses Beispiel zeigt, wie auf Basis eines Konfigurators die einzelnen Stufen des mehrstufigen Vertriebs miteinander verknüpft werden. Die Gefahr, dass der Kunde abspringt und Produkte der Konkurrenz in Betracht zieht, wird so deutlich verringert. 

Fazit: Produkt-Konfiguratoren eignen sich im ganz besonderen Maße für den mehrstufigen Vertrieb im Baunebengewerbe. Dabei ist es für Hersteller enorm wichtig zu beachten, dass der Konfigurator nicht nur auf dem eigenen Portal stattfindet, sondern über die Fachpartner in die Fläche gebracht wird. Nur so lassen sich die genannten Vorteile wirklich nutzen.
 

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