Disruptive Anbieter aus den USA revolutionieren Bauwirtschaft – wie ist der deutsche Markt darauf vorbereitet?

Es bedarf eigener Digitalstrategien, die die regionalen und branchenspezifischen Besonderheiten berücksichtigt

Aktuelle Studien wie die der Unternehmensberatung Roland Berger oder der Bankengruppe KfW belegen: Bestehende Digitalisierungspotenziale werden bislang unzureichend ausgeschöpft und die Ausgaben sowie der Reifegrad für Digitalisierungsvorhaben sind in der deutschen Bauwirtschaft noch sehr gering. Innovative und technologiegetriebene Unternehmen aus dem Silicon Valley sehen den Ausgangspunkt ihrer Geschäftsmodelle rein in der digitalen Welt und erreichen damit langfristig eine wesentlich höhere Effizienz als traditionelle Unternehmen aus der Bauwirtschaft. Mit disruptiven Ansätzen und ausgestattet mit Milliardenbudgets fordern sie die Branche heraus.

 

Gefahren digitaler Plattformen für die Baubranche

Ein Beispiel hierfür ist das erst 2015 gegründete US-amerikanische Unternehmen Katerra, das die Digitalisierung der Baubranche in den USA derzeit revolutioniert und Investoren in hohem Maß vom eigenen, disruptiven Geschäftsmodell überzeugt: Allein 865 Millionen Dollar konnten sie vom japanischen Investor Softbank einsammeln, die aktuelle Bewertung liegt bei vier Milliarden Dollar. Katerra ist ein Komplettlösungsanbieter für den gesamten Bauprozess – angefangen beim architektonischen Design bis hin zum eigentlichen Bau des Gebäudes – und krempelt so die gesamte Bauindustrie und auch Vertriebskette um: Während sich die traditionellen Hersteller- und Industrie-Unternehmen auf das sogenannte „Assembling“, den „Zusammenbau“ konzentrieren, nimmt sich Katerra die technologiegetriebene „Lean Production“, die schlanke Produktion, zum Vorbild.

Die traditionelle Baubranche mit allen dazugehörenden Gewerken, der Industrie und der Handel verlieren in einer solchen Struktur wie Katerra sie in den USA aufbaut und derzeit weltweit ausrollt, Zugang zu Endkonsumenten und Aufträgen. Diese Herausforderung wird in Zukunft auch auf die deutsche Branche zukommen und den Abnehmermarkt und die damit verbundenen Margen beeinflussen.

 

Wie sieht die Situation in der deutschen Bauwirtschaft aus? 

Auch deutsche Unternehmen verfolgen vereinzelt ähnliche Modelle, den gesamten Bauprozess selbständig abzuwickeln bzw. aus einer Hand anzubieten – von der Planung, über die Produktion bis hin zur Endmontage. Das Bielefelder Technologieunternehmen GOLDBECK, mit mehr als 6500 Mitarbeitern und 50 Standorten in Europa, konzipiert, baut und betreut Gewerbeobjekte und gilt als Vorreiter für das Building Information Modeling (BIM), einer mehrdimensionalen Planungsplattform, die alle relevanten Informationen eines Bauprojektes miteinander verknüpft. Warum Anbieter wie Katerra dennoch zum Risiko für die deutsche Bauwirtschaft werden können, liegt an der hohen Risikobereitschaft und dem immensen verfügbaren Kapital der US-Unternehmen. Sie haben so mehr Ressourcen, um massiv in ihre digitalen Geschäftsmodelle und Technologien zu investieren, deutlich schneller global zu skalieren und ganze Branchen zu revolutionieren.

 

Eine Forschungsreise in die digitale Zukunft

Um unsere Analysen weiter zu vertiefen, reisen wir im August 2019 mit einem interdisziplinären Expertenteam aus Wissenschaftlern, Finanzanalysten und Wirtschaftsvertretern für eine Studienreise nach New York und ins Silicon Valley. Wir werden hier mit innovativen, marktverändernden Technologieanbietern, renommierten Universitäten sowie Investoren Expertengespräche führen, um so spannende Insights für den hiesigen Markt zu gewinnen. Es ist unser Ziel, im Austausch mit Vertretern aus der Softwarebranche, der Bauwirtschaft, der Wissenschaft und Politik zu diskutieren, welche Anregungen, Trends und Innovationen die deutsche Bauwirtschaft aus diesen Entwicklungen ableiten kann. Diese Erkenntnisse präsentieren wir erstmalig im Rahmen des Bonner Management Forums am 25.09.2019 im Marriott Hotel, bei dem zudem die ersten Ergebnisse der Studie zum derzeitigen Digitalisierungsstand der Baubranche vorgestellt werden. Denn wir sind der Überzeugung, dass eine einfache Kopie von Digitalstrategien aus dem Silicon Valley zur Förderung des deutschen und europäischen Wirtschaftsstandorts und der Wettbewerbsfähigkeit der Baubranche nicht ausreicht. Es bedarf eigener Digitalstrategien, die die regionalen und branchenspezifischen Besonderheiten berücksichtigt. 

 

Zurück
Neuen Kommentar schreiben